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Titel des Dokuments: Henry Rotmensch (1925-2021)
 

Henry Rotmensch:
Er überlebte die KZ Markstädt, Fünfteichen und Buchenwald. Am Schlimmsten war es im Lager Spaichingen in Baden-Württemberg

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Der 96-jährige Henry Rotmensch im April 2021 in seiner Wohnung (Foto: Birgit Mair)

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Henry Rotmensch nach der Befreiung (Foto: Privatbesitz Henry Rotmensch, Reproduktion ISFBB e.V.)

Nachruf auf Henry Rotmensch

Henry Rotmensch starb am 17. November 2021 im Alter von 96 Jahren in einem Altenheim in München. Er wurde am 10. April 1925 im oberschlesischen Bendsburg geboren. Die Nationalsozialisten verfolgten ihn, weil er aus einer jüdischen Familie kam. Er überlebte die NS-Lager Groß Masslowitz, Johannsdorf und Golonog, Buchenwald, Groß-Rosen, Markstädt, Fünfteichen und Spaichingen. Bis ins hohe Alter konnte Heinrich Rotmensch, der lieber "Henry" genannt werden wollte, noch in seiner Wohnung in München leben. Er war ein offener und direkter Mensch, ein großer Musikliebhaber und er ging bis ins hohe Alter zum Tanzen. Bei meinem letzten Besuch in seiner Wohnung am 15. April 2021 hat er mir alte Kassetten mit jiddischer und hebräischer Musik vorgespielt. Doch es war ihm auch wichtig, noch einmal das Leid zu berichten, das ihm als junger Mensch widerfuhr. Er erzählte drei Stunden lang aus seinem Leben und ich durfte mitfilmen. Mit Tränen in den Augen berichtete er, wie die SS neugeborene Kinder in die Luft geworfen und erschossen habe. Diese grausame Geschichte zu erzählen, schien ihm besonders wichtig. Er beantwortete auch meine Fragen nach dem Leben in München in der Nachkriegszeit, wo er einen Jeans-Laden betrieben hatte. Einen der jüdischen Holocaust-Überlebenden, die beim bis dato unaufgeklärten Brandanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in der Reichenbachstraße in München im Jahr 1970 ums Leben kamen, kannte Henry Rotmensch persönlich. Seine Eltern und ein großer Teil seiner Familie wurde von den Nationalsozialisten ermordet. Mein aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie und allen, die ihn kannten und mochten.

Birgit Mair am 2. März 2022

Henry Rotmensch hatte der Shoah Foundation bereits 1996 in Israel ein Interview zu den nationalsozialistischen Verfolgungen gegeben. [Rotmensch, Henry. Interview 24726. Visual History Archive. USC Shoah Founation. Transkript Freie Universität Berlin. 19.4.2021, http://transcripts.vha.fu-berlin.de/pdf/24726_converted.pdf www.vha.fu-berlin.de].

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Henry Rotmensch im KZ-Häftlingsanzug.
Das Foto entstand nach Kriegsende in einem ehemaligen KZ-Lager (Foto: Privatbesitz Henry Rotmensch, Reproduktion ISFBB e.V.)

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Henry Rotmensch zeigt ein Familienfoto (Foto: Birgit Mair)

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Henry Rotmensch in seiner Wohnung in München im Jahr 2016: Er zeigt öffnet Kiste voller alter Erinnerungsbilder (Foto: Birgit Mair)


Birgit Mair und Henry Rotmensch bei einem Zeitzeugengespräch im Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn im Jahr 2016 (Foto: Privat)